Dunkle Wolken über Kleingärten
Sorgen wegen Hartz IV, steigender Abgabenlast und Rechtsunsicherheit 
 
Von Rosi Blaschke 
 
Der Kleingarten – liebstes Hobby vieler Deutschen – gerät immer mehr in Gefahr, vor allem im Osten. Die öffentlichen Lasten wachsen genauso wie die Rechtsunsicherheit im Bestand von Anlagen. Und jetzt sorgt Hartz IV für Ängste bei Arbeitslosen, ob die Laube zu halten ist.
Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde (BDG) hat dringend davor gewarnt, Pachtverträge für Kleingärten zu kündigen, weil die Lauben bei Hartz IV als Vermögen angerechnet werden. Wie auch viele Wochenendgrundstücke ist ein Kleingarten meist nur gepachtet und damit kein Bodeneigentum. Ein verwertbares Vermögen ergibt sich erst bei Beendigung des Pachtvertrages, wenn der Nachpächter eine Ablösesumme für Laube und Bepflanzung zahlt. Der BDG, der 1,2 Millionen Kleingärtner bundesweit vertritt, fordert vom Gesetzgeber indes eine eindeutige rechtliche Klärung dieser Fragen. Kleingärten seien wegen ihres Sozialcharakters besonders geschützt.
Doch die Gefährdung des Kleingartens ist noch größer. Dr. Klaus Joachim Henkel vom Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) sieht sie in der Grundstückspekulation – über die Hälfte der Kleingartenflächen seien nach dem Kriege verloren gegangen. Zudem würden die Kommunen wegen ihrer Finanzschwäche immer mehr öffentliche Lasten für Erschließung und Straßenbau auf die Kleingärten abwälzen, Zweitwohnungssteuer, eine »Grundsteuer B« oder gar eine Kurtaxe verlangen. Und die Gerichtsbarkeit greife gerade in Ostdeutschland eigentlich bestandsgeschützte »übergroße Baulichkeiten« an.
Im Freistaat Sachsen mit seinen 227000 Kleingärtnern gibt es mittlerweile Widerstand gegen die steigenden öffentlichen Lasten. Diese überträfen oft die Pachtsummen, betont BDG-Präsidiumsmitglied Frank Müller. »Ihre Aussetzung ist unsere wichtigste Forderung«, sagt Müller. 4500 Briefe seien bereits an den Landtagspräsidenten gesandt worden.
Die sächsische PDS unterstützt die Kleingärtner vor allem darin, Erschließungs- und Ausbaubeiträge zinslos zu stunden sowie den Schutz der Kleingärten in die Landesverfassung aufzunehmen. Eine auf Antrag der PDS für die kommende Woche anberaumte Sondersitzung des Landtags zum Kleingartengesetz findet aber nicht statt. Die CDU, die die Notwendigkeit weiterer Prüfung sieht, verwies die Anträge in die Ausschüsse zurück. Dadurch verschiebt sich die Klärung auf den Februar des nächsten Jahres.
Während in Sachsen die Kleingärtner immerhin Gehör finden, wurde die Brandenburger PDS-Fraktion mit ihrem Antrag auf Änderung des Kommunalabgabengesetzes und zinslose Stundung von Straßenausbaubeiträgen für Kleingartengrundstücke schon vor der Sommerpause von SPD, CDU und DVU abgeschmettert. Der zuständige Innenminister Jörg Schönbohm sieht in der Stundung eine zusätzliche Belastung der Kommunen. So hat allein das Land Sachsen-Anhalt eine entsprechende Regelung in seinem Kommunalabgabengesetz.
Die PDS setzt sich auch für den im Einigungsvertrag geregelten Bestandsschutz für ostdeutsche Kleingärten mit größeren Lauben und für Kleingartenanlagen, der mit dem § 20a im Bundeskleingartengesetz festgeschrieben wurde, ein. Private und kommunale Bodeneigentümer versuchen immer wieder, Kleingärten ihren rechtlichen Status abzuerkennen und sie in Wochenendgrundstücke umzuwandeln, was höhere Pachteinnahmen und geringeren Kündigungsschutz nach sich zieht. Immer öfter werden neue, entsprechend ungünstigere Pachtverträge angeboten. Dagegen verweist der ehemalige Bonner Ministerialrat Dr. Lorenz Mainczyk, der gerne auch als »Papst des Kleingartenrechts« bezeichnet wird, darauf, dass Lauben, die die im Bundeskleingartengesetz vorgeschriebene Größe von 24 Quadratmetern überschreiten, Bestandsschutz haben, wenn sie in den neuen Ländern vor dem 3. Oktober 1990 errichtet wurden. Und auch Kleingartenanlagen, die vor diesem Datum rechtmäßig waren, sollen heute weiter bestehen.